Eine Kuh Namens Wanda

Ich könnte etwas über die historische Entwicklung einer der ursprünglichsten alpinen Rinderrassen schreiben. Etwa, dass sich das autochone Grauvieh einst, als die Völker noch sehr aktiv durch Europa wanderten aus passierten Kreuzungen des ligurisch-keltischen Rinds mit den zuströmenden Alemannentieren entwickelt hat.

Ich könnte etwas über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Grauviehs schreiben. Schon die römischen Schreiberlinge Plinius und Strabo lobten die gute Milchleistung des kleinen Alpenrindes – heutige Grauviecher halten diese Tradition hoch, sind aber vor allem im Tiroler Oberland auch äußerst beliebte Hauptdarsteller in der Mutterkuhhaltung.

Ich könnte dann doch schon ein wenig mehr über die besonderen Lebensbedingungen heimischer Grauviecher schreiben. Immerhin ist ihr Leben in den kleinstrukturierten Höfen der Alpen Lichtjahre von der Massenhaltung in modernen Tierfabriken entfernt. Plus, Dank des Verbreitungsgebietes in den Zentralalpen lebt ein Großteil der alpinen Grauviehpopulation großteils auf über 1000 Metern Seehöhe. Und dass die Kraft der Berge nicht nur ein Schlagwort ist, wissen wir doch alle ein wenig.

Ich könne in diesem Atemzug zugleich noch ein leidenschaftliches Pamplet über die Vorzüg artgerechter Nahrung im Vergleich zur globalen Kraftfutteridiotie schreiben. Ist es doch ein kleiner Unterschied, ob man in Südamerika den Regenwald abholzt, darauf Soja in endlosen Monokulturen anbaut, diesen anschließend um die halbe Welt verschifft, nur damit die industriell gehaltenen Kühe schneller, also künstlicher, an Gewicht zulegen. Oder wie seit Jahrtausenden die Kühe im Sommer auf die Almwiesen bringt, sie dort selbst unter den feinsten Kräutern wählen können und der Bauer zugleich im Talboden das Gras in Heu umwandelt um seine Tiere über den Winter zu bringen. Nuff said…

Ich könnte, wenn es schon ein wenig emotional wird, dann natürlich auch ein kleineres Buch über die Art und Weise schreiben, wie der Werner mit seinen Tieren lebt. Ja, er züchtet sie, um später Fleisch von ihnen zu bekommen. Doch in der Zeit zwischen Geburt und Schlachtung am eigenen Hof sind die Grauviecher der Familie Bangratz nicht irgendein anonymes und rein auf Leistung getrimmtes Produktionshilfsmittel – nein, sie sind seine Viecher und diese Harmonie zwischen Bauer und seinen Nutztieren kann man nicht nur eindrucksvoll über die Sommermonate auf der Alm der Anhalter Hütte am Hahntenjoch erleben, nein auch die eigens für die vitalen Junggrauviecher errichtete Sonnenterrasse für die Wintermonate zeigt, wie sehr Werner an dem Wohl seiner Grauviecher gelegen ist. Und wie er mit seinen Schützlingen im hautnahen Kontakt umgeht spricht sowieso Bände. Danke dafür.

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Ich könnte hier und jetzt auch alles über unsere Wanda schreiben. Dass sie eigentlich für die Kälberzucht gedacht war, ihr aber der Storch nicht hold war und somit einen anderen Nutzen für ihren Bauern brachte. Dass sie in den letzten 30 Monaten eben für, mit und bei Werner Pankratz lebte und somit auch in den Genuss des artgerechten Lebens, Futters, Umfeldes kam. Dass sie am 17. Mai geschlagen wurde und uns somit die kommenden Wochen in der Küche, am Teller begleiten wird.

Ich könnte all das schreiben. Muss es aber nicht.

Ich will unserer Kuh Namens Wanda einfach nur Respekt zollen und mich bei Ihr bedanken!

Nicht schlecht, Herr Hecht

Von der Pfrille bis hin zum kleinen Entlein fürchten sich alle zu Recht vor ihm: Dem Esox lucius. Dem Hecht. Schon alleine mit seiner Torpedo-Körperform zeigt der Süßwasserfisch sein wahres Wesen – er ist ein Räuber durch und durch. Er ist der uneingeschränkte Herrscher alpiner Gewässer. Liebe Seeforellen, da könnt ihr noch so stattlich werden, aber wenn ein einigermaßen ausgewachsener Hecht seine Kreise zieht, ist unter Wasser lieber Vorsicht angesagt.

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Genau seine Eigenschaft als der Räuber per se verleiht dem Hecht ein Fleisch, welches nur schwer zu vergleichen ist. Als Erstes sind Hechte aufgrund ihrer Aggressivität auch Artgenossen gegenüber zur Zucht so gut wie nicht geeignet – ein Hecht auf der Speisekarte ist somit ein sicherer Wildfang. Zweitens sind alle Räuber unter den Fischen mit einem sehr geringen Fettanteil in ihrem Fleisch gesegnet – somit ergibt sich hier nicht nur schmackhafter Fischgenuss, sondern für alle Figurbewussten (und jene die es noch werden wollen) auch kalorienarmer Fischgenuss. Bleibt nur ein kleines Problem: Die Gräten des Raubfisches. Diese Y-Gräten wissen wirklich, wie man sich im Fleisch festhält. Was früher die Berufs- und heute die Hobbyfischer noch immer zur Weißglut treibt ist mittlerweile kein Thema mehr. Ob die grandiose Drei-Generationen-Fischerprofifamile Huber am Starnberger See oder der liebe Kilian am Walchensee: Die Profis versorgen uns mit (mehr oder weniger) grätenfreiem, wild gefangenem und somit unvergleichlichen Hecht-Filets. Petri Dank.

So bleibt ein Hechtfilet (bei einem Gesamtgewicht von knapp neuen Kilo bitten wir um Verständnis Ausnahmsweise einmal nicht den ganzen Fisch auf den Teller zu bringen), welches mit seinem klaren Geschmack, seinem Biss und auch seiner klaren Unterscheidung zu Zuchtforelle und Co. punkten kann. Und nachdem der Start in die Hechtsaison immer brav auf Mitte April fällt ist es wohl alles andere als verwunderlich, wenn sich zu dem Räuber frisches Grün aus der Alpenwelt gesellt. So schmeckt der beginnende Frühling.

Wilde Freuden

Als hauseigener Jäger, Fischer und Sammler wird es jetzt doch ein wenig emotional: Es gibt kein biologischeres, moralischeres und gesünderes Fleisch als Wildfleisch. Immerhin suchen sich Rehe, Wildschweindal, Hirsche und allerlei sonstiges Wild Tag für Tag ihr eigenes Futter – Kraftfutter, Medikamente, nicht artgerechtes Futter: Absolute Fehlanzeige. Und auch wenn es den ein oder anderen nicht gerade gefällt, dass Bambi‘s Mutter am Teller landet: Die Jagd auf Wildtiere ist so alt wie die Menschheit selbst – zumindest dann, wenn diese waidgerecht angegangen wird.Sprich der Grünrock lässt die Kugel nur dann fliegen, wenn er sich absolut sicher ist – wenn die Chance, dass das Stück Wild im Feuer liegen bleibt am größten ist. Zum einen, weil so keinerlei Adrenalin die Fleischqualität des Wildes beeinträchtigt. Zum anderen, weil es sich einfach so gehört.

Jetzt geht‘s ans Verwerten des einzigartigen Wildfleisches: Nach dem kleinen Jagdrecht steht das Geräusch – Lunge, Herz, Leber, Milz, Nieren und die Feist – demjenigen zu, der das Stück Wild aufbricht. Somit gelangen diese Spezialitäten zumeist auf den eigenen Jägerteller. Doch auch Nichtjäger werden mit Schmankerln belohnt: Vom Rehrücken über das Hirschfilet bis hin zum wohl genialsten Fleisch, den Schopf vom Wildschwein gibt es im Bereich des Wildes nahezu alles. Und es muss keinesfalls immer im gleichen 08/15-Kotany-Gewürzmischungs-Ragout verkocht werden. Ob Burger vom Hirschkalb, Schweinsbraten vom Wildschwein oder Hirschripperl – egal wo Fleisch in der Küche auch verwendet werden kann, weiß Wildfleisch mit noch ein wenig mehr Geschmack, Biss und Textur zu punkten.

Ein Wildschwein in einem Farn-Feld.

„Hunting is not a sport. In a sport, both sides should know that they‘re in the game.“ Paul Rodriguez.