Der Ernst ist ein ganz ein Wilder. Zwar verlangt er für seine Putztücher, Reinigungsmittel oder sonstigen Dienste Millionen und Abermillionen – aber er ist dann halt auch immer im Notfall mit seiner Hilfe greifbar und weiß sogar, wie man das ein oder andere Gläschen fachmännisch leert.

Der Ernst, der ja eigentlich ein Bernhard ist, ist ein ganz ein Guter. Ob er seinen Blaufränkischen keltert oder mit dem Grünen Veltliner spielt – die zwei Klassiker der heimischen Reben sind nicht nur Aushängeschilder des jungen Winzers aus dem Burgenland sondern auch sehr gern empfohlene (und ab und an auch getrunkene) Weintraubentropfen in der Wilderin.

Ernst

Der Ernst ist ein richtiger Ochs. Oder war zumindest einer, bis auch ihm das Schicksal so gut wie jedes männlichen Pustertaler Sprinzen ereilte. Denn die Pustertaler Sprinzen waren und sind noch immer eine sehr gefährdete alte alpine Nutztierrasse. Nachdem aber in der Aufzucht einer neuen Herde viele Kühe, ein glücklicher Stier aber recht wenig Jungstiere benötigt werden, sind die männlichen Nachkommen der drei Mutterkühe am kleinen Arche-Noah Hof der Familie Strasser im Absam schlussendlich für die Küche der Wilderin greifbar. Letztes Jahr durfte Alex die Zwillinge Max und Moritz im Kochtopf in Ehren halten, heuer eben unseren Ernst. Zwar hatte der Ernst nur ein Jährchen, aber dieses wenigstens auf möglichst angenehme, weil artgerechte Art und Weise. Im Winter noch im Stall der Strassers durfte der Jungochs mit den ersten Frühlingssonnenstrahlen die Wiesen rund um den Heimathof abgrasen bevor er zur Sommerfrische auf die Juifenalm abposchte (und unseres Wissens nach dort zu allen Wanderern sehr brav war…) bevor er den – und auch seinen – Herbst in der Heimatgemeinde von Ernst Vettori verbrachte. Merci Ernst, wir werden Dich – natürlich aber so etwas von ernst – in Ehren halten, wie wir es mit all unseren Viechern tun.

Wobei ich persönlich die Pustertaler Sprinzen nicht ganz in das Gros unserer Viecher, nicht einmal in das Gros der Grauviecher, Pinzgauer, Angusrinder oder Fleckviecher werfen kann. Sind die Sprinzen doch, gemeinsam mit dem Murnau-Werdenfelser-Rind, meine persönlichen Geschmacksfavoriten. Grandiose Marmorierung, ausgezeichnet ausgewogener Eisenanteil und hervorragender Biss – Fleischfresser dieser Welt, was wollt ihr noch mehr? Naja, das Kronfleisch etwa, die g‘stutzten Rippen, die Backerl oder was nun mal probiert werden muss: die Fledermaus. Hunger? Verständlich.

Das Allerbeste für uns Fleisch-Gourmands ist aber noch dazu das Wissen, dass man nicht nur ein artig artgerecht aufgezogenes und geschlagenes Tier verschmaust, sondern dass man mit seinem Genuss auch noch dem Erhalt einer schon beinahe in Vergessenheit geratenen und beinahe ausgestorbenen Nutztierrasse der Alpen hilft. Sprinzen essen um Sprinzen zu erhalten? Klingt komisch, ist aber so. Denn nur wenn Arche Noah Bauern wie die Familie Strasser ihre Viecher an den Mann (oder die Wilderin) bringen, nur wenn die Konsumenten (also wir Fleischfresser) das Besondere dieser Tiere schätzen und nur wenn wir uns Jahr für Jahr auf neue Sprinzen freuen, dann kann aus einer bedrohten Nutztierrasse wieder eine vitale Nutztierrasse werden. Ergo tut sich jeder Genießer vom Ernst nicht nur sich selbst was gutes, sondern der gesamten Sippschaft vom Ernstl.

Das ist die Quadratur des kulinarischen Kreises.